Assistenzsysteme
Allgemein:
Ich bin ein Fan von Assistenzsystemen. ABER: Sie müssen gut und intuitiv funktionieren, sollen mir als Fahrer helfen sicherer unterwegs zu sein, aber sie sollen mich keinesfalls bevormunden. Beim Ioniq 6 ist es ein schmaler Grat und teils ist die Grenze zur Bevormundung überschritten.
Müdigkeitswarner
Das seltsamste Verhalten legt dieser Assistent an den Tag. Nach weniger als 10 Minuten Fahrt legt er los. Ob ich mich ausgeruht fühle oder die Augen nicht von der Straße lasse interessiert dieses System nicht. Es muss möglich sein, diesen Assistenten dauerhaft ausschalten zu können.
Es ist sehr schwierig zu reproduzieren, wann der Warner anschlägt. Mir fällt aber auf, dass in Autobahnbaustellen es häufig zu solchen Meldungen und Gepiepe kommt. Außerdem sollte man vermeiden Schlaglöchern auszuweichen, wenn einem Gepiepe auf die Nerven geht. Es ging einmal soweit, dass es mindestens zehn Sekunden gepiept hat und ich keine Möglichkeit hatte es abzustellen. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.
Autobahnassistent 2.0
Von diesem System bin ich sehr angetan. Verglichen mit anderen Premiumherstellern muss sich Hyundai keinesfalls verstecken.
Der Spurwechselassistent ist wie bei allen Herstellern zu träge. Ich habe das Gefühl, dass der Vorgang in Gänze so träge ist, dass er mehr Aufmerksamkeit erfordert als wenn ich den selbst ausführe.
Im Stau verlangt das System, dass ich die Hände ans Lenkrad nehme, obwohl ich stehe. Das passiert dann, wenn man im Stopp and Go einige Sekunden ohne Hände fährt, die Warnung anschlägt und dann stehen bleibt. Das sollte aber einfach durch ein Update zu beheben sein.
Abstandstempomat
An sich funktioniert dieses Assistent sehr gut. Leider ist das System in vielen Situation auf der Autobahn zu träge in punkto Beschleunigung, sodass man doch lieber selbst Gas gibt. Aber Vorsicht: solange man das Gaspedal betätigt ist der Assistenz „deaktiviert“, d.h. er würde nicht selbstständig auf 130km/h beschleunigen, obwohl kein Verkehr vor einem ist, wenn ganz gemütlich die Geschwindigkeit per Pedal hält.
Beispiel: Ich habe den Tempomaten deaktiviert und halte die Geschwindigkeit manuell. Aktiviere ich diesen wieder, um auf die voreingestellte Geschwindigkeit zu beschelunigen während mein Fuß noch auf dem Pedal steht beschleunigt der Wagen nicht. Könnte ein Feature sein, für mich ist es eher ein Bug.
Noch eine Feststellung: Hat man zuvor I-Pedal aktiviert und schaltet dann den Tempomaten an, verhält sich das System unrund und es kommt zu ruckartigen Brems- und Beschleunigungsmanövern.
Totwinkelassistent und -kamera
Sehr gut umgesetzt. Sowohl die Darstellung im HUD als auch das Kamerabild beim Blinken gefallen mir sehr.
Aktiver Spurhalteassistent
An sich funktioniert dieses System recht gut. Es ist recht empfindlich, aber noch innerhalb der akzeptablen Toleranz.
Aber auch wenn alle Assistenzsysteme deaktiviert sind fordert mich das Auto auf, die Hände ans Steuer nehmen.
Jetzt könnte man meinen, dass es gerechtfertigt ist. Mitnichten…
Erstens reagiert das System auch wenn ich die Hände am Steuer habe und einfach das Auto wunderbar geradeaus fährt, ohne dass ich eingreifen muss.
Hyundai möchte von mir also, dass ich eine aktive Bewegung am Lenkrad vornehme, um dem System gerecht zu werden, obwohl alle Assistenten ausgeschaltet sind. Warum? Ich fühle mich genervt und bevormundet.
Intelligente Verkehrszeichenerkennung
Das ist mein Endgegner in diesem Auto.
Was hat sich Hyundai dabei gedacht. Mit Intelligenz hat das System nichts zu tun.
Die Erkennungsquote ist verglichen mit anderen Herstellern unterirdisch.
Das einmalige Piepen, wenn ein neue Geschwindigkeitsbegrenzung erkannt wurde, würde ich mir gefallen lassen. Aber nicht wenn zeitlich beschränkte Tempolimits überhaupt nicht erkannt werden, innerhalb von Ortschaften zwischen 50 und 80 laut Hyundai alles erlaubt wäre und Limits angezeigt werden, die es einfach nicht gibt. Das Vertrauen in die angezeigten Schilder ist so niedrig, dass es bei mir mehr Sinn macht, es auszuschalten.
Aber es geht noch schlimmer: Das viermalige Piepen, wenn man auch nur 1 km/h (laut Tacho) schneller fährt als vermeintlich erlaubt. Kombiniert mit der schlechten Erkennungsquote grenzt dieses System an eine Frechheit. Ich wähle das Wort bewusst, weil es nach drei Monaten mein Verhalten ins Negative umgekehrt hat. Warum: Als Pendler fahre ich 80% der Zeit dieselbe Strecke. Ich kenne die Tempolimits auf meiner Strecke besser als Hyundai. Das System sollte mir bei den restlichen Strecken Unterstützung bieten. Allerdings blende ich mittlerweile jegliches Gebimmel aus. Dabei sollte mich das Piepen warnen. Außerdem fahre ich des öfteren schneller als das System mir eigentlich erlaubt, wohlwissend, dass 200m vor mir das Limit wieder aufgehoben wird und nehme das Piepen in Kauf.
Es hilft im Moment nur ausschalten. Und sollte Hyundai das nicht bald ausbessern, werde ich dieses Auto nicht behalten können.
Fazit:
Fahrkomfort und Effizienz sind fabelhaft. Aber leider bin ich als Technik affiner Fahrer vorbelastet und daher scheinbar sehr empfindlich.
Das dauernde Gebimmel und Gepiepe raubt mir an manchen Tagen den letzten Nerv. An anderen Tagen drehe ich die Musik laut. Das Soundsystem ist gut dafür geeignet. An den restlichen Tagen versuche ich jegliches Gepiepe zu ignorieren. Ich denke, dass all das nicht im Sinne von Hyundai sein kann.
Andererseits fragt man sich schon, was die vielen Testfahrer beruflich machen.